Während sich der Ölpreisverfall in der vergangenen Woche fortsetzte, zeichnet sich ab, dass immer mehr hoch verschuldete Energieunternehmen in Turbulenzen hineinschlittern und ihre ausstehenden Schulden nicht mehr bedienen können. Seit Juni 2014 sind die Ölpreise um rund 65% eingebrochen. Nachdem die Marke von $40 pro Barrel nach unten durchbrochen wurde, ging es in der letzten Woche ganz schnell in Richtung 35$ pro Fass hinab. Und ein nahendes Ende dieser Talfahrt zeichnet sich bislang nicht ab. Wie wirkt sich diese Entwicklung auf den hoch verschuldeten Energiesektor und die Hochzinsanleihemärkte aus? Wer hat einmal „Oh, Boy!“ gesagt?

Die Situation hat die großen Ratingagenturen längst auf den Plan gerufen, allen voran S&P, deren Analysten davor warnten, dass sich die Hälfte (!) aller im Energiesektor ausstehenden Bonds in Zahlungsproblemen befinden. Wie seit Beginn des Ölpreisabschwungs gemutmaßt, scheint den Sektorunternehmen eine enorme Ausfall- und Pleitewelle ins Haus zu stehen. Laut S&P befinden sich umlaufende Bondschulden in Höhe von knapp $200 Milliarden in einem finanziell äußerst kritischen Zustand.

Ein großer Teil dieser ausstehenden Schulden entfällt auf Energieunternehmen. Gleichzeitig ist die Quote der Ausfallwahrscheinlichkeit auf das höchste Niveau seit 2009 geklettert. Und wie nicht anders zu erwarten, entpuppt sich das Umfeld an den Hochzinsanleihemärkten – auch Junkbondmärkte genannt – als katastrophal. Wie in der Vergangenheit berichtet, waren es vor allem Energie- und Frackingunternehmen, die den Schieferölboom in den USA durch eine astronomische Schuldenaufnahme im Nullzinsumfeld befeuerten.

Der im Nullzinsuniversum befeuerte Schieferölboom in den USA verwandelt sich nun in einen Bust, weil die Ölproduktion in den Vereinigten Staaten in den letzten Jahren durch die Decke geschossen ist. Resultat ist, dass es an den internationalen Ölmärkten zu massiven Angebotsüberhängen gekommen ist, der nun – neben der weltweit rückläufigen Ölnachfrage – die Preise an den Ölmärkten nach unten treibt.

Einer stark wachsenden Anzahl von Energie- und Ölunternehmen fällt es auf Basis dieser Entwicklung immer schwerer, deren astronomische Verschuldungsberge zu bedienen. Auch die Analysefirma Markit warnte in der vergangenen Woche davor, dass der überaus hohe Grad der Fremdfinanzierung unter den Energieunternehmen die Kreditprofile im gesamten Sektor stark zu beeinträchtigen begonnen habe.

Sieht es im Energie- und Ölsektor schon alles andere als gut aus, so setzt der Minensektor dem Ganzen die Krone auf. Um auf die Warnungen S&Ps zurückzukommen, so befinden sich mehr als 70 Prozent (!) aller im Minen-, Metall- und Stahlsektor ausstehenden Bonds in einem finanziell kritischen Zustand. Dies muss jemanden auch nicht verwundern, wenn man sich die seit dem Jahr 2011 erfolgten Preisabstürze im Kupfer-, Eisenerz-, Aluminium-, Platin-, Silber- und Palladiumsektor anschaut.

Wir sprechen in diesem Bereich schon gar nicht mehr von einem Rückfall der Preise auf die zu Zeiten der globalen Finanzkrise ausgebildeten Tiefs. Sondern vielmehr ist der Bloomberg Commodity Index nunmehr auf das tiefste Niveau seit dem Jahr 1999 gesunken.

Wie die jüngste Ankündigung des Minenriesen Anglo American zeigte, wird vielen Firmen des Sektors nichts anderes übrig bleiben, als in diesem Umfeld horrende Kostenkürzungen zu verabschieden, die mit Massenentlassungen und einem Verkauf von Vermögenswerten Hand in Hand gehen werden.

Wie zuletzt ebenfalls berichtet, steigen die Zahlungsausfälle im Unternehmenssektor scharf an. Laut S&P sind die Ausfälle im laufenden Jahr kürzlich auf über 100 geklettert, womit sich eine solche Entwicklung erstmals seit dem Finanzkrisenjahr 2009 beobachten ließ. Knapp ein Drittel all dieser Zahlungsausfälle entfielen auf den Öl-, Gas- und Energiesektor.

Und S&P macht den Investoren nicht sonderlich viel Hoffnung. Denn das extrem hohe Volumen an ausfallgefährdeten Bonds sei ein Indikator dafür, dass die Defaultwelle noch weitaus stärker an Fahrt aufnehmen werde. Hinzu kommt, dass es den betroffenen Firmen in einem Umfeld wie dem jetzigen immer schwerer fällt, dringend benötigtes Kapital an den Märkten oder unter Investoren und Banken aufzutreiben. 

Sollte die Federal Reserve tatsächlich so verwegen sein, um den amerikanischen Leitzins in dieser Woche erstmals seit fast zehn Jahren anzuheben, dürften die Zinsen an den Energie- und Hochzinsanleihemärkten erst richtig durch die Decke schießen. Auch die Nachfrage nach riskanten Vermögenswerten (Junkbonds, Aktien & Co.) wird dann merklich nachlassen.

Wann diese Entwicklung auf andere Bereiche der Kreditmärkte und den mit Investmentgrade versehenen Unternehmensanleihesektor überspringen wird, dürfte dann wohl nur noch eine Frage der Zeit sein. 

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